Orientierung und Übergangsbegleitung als Voraussetzung zur Erreichung des Ziels „Ausbildung für alle"

Das Thema Fachkräftemangel im Zusammenhang mit deiner zunehmenden Fokussierung auf akademische Ausbildungsgänge hat in der politischen Diskussion an Bedeutung gewonnen. Kammern und Unternehmensverbände richten dringende Appelle an die Politik vor dem Hintergrund, dass ein zunehmender Anteil an Ausbildungsstellen in dualen Ausbildungsberufen nicht mehr besetzt werden kann. Aber auch pflegerische Berufe in schulischen Ausbildungsgängen beklagen den gravierenden Nachwuchsmangel.

Daneben hat die Coronapandemie aber noch zusätzlich zu der Problematik geführt, dass eine steigende Zahl von Jugendlichen ohne Schulabschuss und in der Folge auch ein noch größerer Anteil ohne Ausbildungsabschluss bleibt. Dies ist in der Situation fehlender Fachkräfte ein nicht hinnehmbarer Zustand.

Vor diesem Hintergrund hat sich sowohl die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag aber auch die SPD im Saarland in ihrem Wahlprogramm zur Zielsetzung einer „Ausbildung für alle“ bekannt. Damit wird einer lang formulierten Forderung der Fachverbände der Jugendsozialarbeit Gehör verschafft, die diese Forderung seit langem formuliert.

Betrachtet man jedoch die Gelingensbedingungen, die zur Erreichung dieses Ziels unter anderem vom Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit formuliert werden, wird deutlich, dass das zur-Verfügung-stellen von Ausbildungsplätzen, sei es dual, schulisch oder ergänzend in Form überbetrieblicher Ausbildung bei Trägern der Jugendberufshilfe, notwendige, aber bei Weitem nicht hinreichende Bedingung zur Zielerreichung ist.

Bewährte Instrumente wie Geförderter Ausbildung (wie Reha-Ausbildung und BaE integrativ oder kooperativ) und Programme zur Begleitung von Auszubildenden zeigen, dass es möglich ist, auch junge Menschen mit verschiedenen Problemlagen zu einem Ausbildungsabschluss zu führen. 
 

Fehlendem Matching zwischen Jugendlichen und Betrieb, das einer der Hauptgründe für die Problematik darstellt, muss durch systematische berufliche Orientierung und Übergangsberatung in allen Schulen als Erfolgsmodell zur Verbesserung der Passung begegnet werden.
 

„Ausbildung für alle!?“ Fachtag zur Ausbildungsplatzgarantie und der Umsetzung im Saarland (April 2024)

„Wenn es eine letzte Chance für diese jungen Menschen gibt, dann ist es die berufliche Bildung!“ begründete Professorin Dr. Ruth Enggruber ihr wissenschaftliches Engagement für das Thema „Übergang Schule-Beruf“. Ein starkes Statement der für den Fachtag „Ausbildung für alle!?“ aus Düsseldorf angereisten Wissenschaftlerin.

Wer ohne Ausbildung ins Berufsleben startet, arbeitet später in prekären Beschäftigungsverhältnissen, hat ein niedriges Einkommen und ist sehr viel häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen. Das neue Gesetz zur „Ausbildungsgarantie“ soll Abhilfe schaffen.

Mehr als 100 Fachleute aus Politik, Wissenschaft, Verbänden, Kommunen und der Arbeitsverwaltung waren der Einladung der Diakoniestiftung an der Saar gefolgt.

„Wir begrüßen das Gesetz zur Ausbildungsgarantie!“, begann Astrid Klein-Nalbach, Leiterin der Abteilung Berufliche Integration bei der Diakonie Saar, ihr Statement. Dass auch die saarländische Landesregierung die Ausbildungsplatzgarantie in ihr Regierungsprogramm aufgenommen habe, sei ein wichtiges Signal. „Denn wir haben in unseren Einrichtungen immer mehr junge Menschen, die zwischen Schule und Ausbildung verloren gehen.“ „Das können und wollen wir uns im Saarland nicht leisten“, konstatierte Angelika Schallenberg, Leiterin des Jugendamtes im Regionalverband Saarbrücken.

Die größte Herausforderung für die Umsetzung der Ausbildungsgarantie sei das Matching zwischen den Berufswünschen der jungen Menschen und dem Fachkräftebedarf der regionalen Wirtschaft, erläuterte Enggruber. Die individuelle Beratung, Unterstützung und Begleitung der jungen Menschen sei Grundlage – und zwar unabhängig von der jeweiligen Zuständigkeit. „Die jungen Männer und Frauen müssen Hilfen wie aus einer Hand erhalten, egal in welchem Sozialgesetzbuch diese definiert sind,“ betonte die Professorin, die ihre Forschungsergebnisse zu Gelingensbedingungen vorstellte.

„Alle Unterstützungsangebote müssen gebündelt werden“, war man sich mit Professorin Enggruber einig. Das leisteten die Jugendberufsagenturen, in denen Jobcenter, Arbeitsagentur und kommunale Jugendhilfe unter einem Dach zusammenarbeiten. Auch im Saarland gibt es sie bereits in einigen Kommunen. Gut erreichbar und jugendgerecht müssten sie sein, schon an der Planung sollten die jungen Menschen beteiligt werden.

„Die Jugendhilfe darf nicht zum Ausfallbürgen werden“, machte Angelika Schallenberg deutlich und verwies darauf, dass es auch auf die Netzwerkpartner an den Schnittstellen ankomme. Die Verzahnung der unterschiedlichen Zuständigkeiten spiele eine zentrale Rolle, bestätigte Sabine Fernes von der Agentur für Arbeit.

Nora Benyousef vom Wirtschaftsministerium berichtete zu bewährten Instrumenten, wie zum Beispiel den Ausbildungsbotschafterinnen und -botschaftern, die in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer und der IHK eingesetzt würden. Für eine übergreifende Zusammenarbeit aller Beteiligter setze sie sich ein und nehme die Impulse der Anwesenden gerne mit ins Wirtschaftsministerium.

Im Podiumsgespräch wurde deutlich: Es gibt noch einiges zu tun auf dem Weg zur Umsetzung der Ausbildungsgarantie. Stichworte waren die Einführung von Bildungsketten und die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den drei saarländischen Ministerien – Sozialministerium, Bildungsministerium und Wirtschaftsministerium sowie der Arbeitsverwaltung und der kommunalen Ebene. Auch Fragen des Datenschutzes, unterschiedliche Förderlogiken und verschiedene Rechtskreise müssen gelöst werden, damit schließlich jeder junge Mensch in diesem Land einen Ausbildungsabschluss erwerben kann.

Am Ende war man sich einig:

Der Fachtag war ein wichtiger Schritt zur Vernetzung. Daran soll weitergearbeitet werden.

Fallbeispiele aus der Praxis